„DORTMUNDER SCHÄTZCHEN“ – Geerbt, gekauft, gefunden – Experten im MKK begutachten Gemälde und Co.

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Isabel Ebert wirft ein kritisches Auge auf das Gemälde von Klaus Müller. Bild: Dortmund-Agentur / Elena Hesterkamp
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Ist das geerbte Gemälde Orginal oder Fälschung? Der gefundene Kelch aus Plastik oder Elfenbein? Mit solchen Fragen kommen Bürger jeden ersten Freitag im Monat in das Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Dann begutachten Experten private Kunst-Objekte – und klären so manchen Mythos auf.

„Dortmunder Schätzchen“ – hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein besonderer Service des Museums für Kunst und Kulturgeschichte. Seit 1990 gibt es ihn schon: Einmal im Monat begutachten mehrere Kunst-Sachverständige die mitgebrachten „Schätzchen“ der Besucher. Die kommen nicht nur aus Dortmund, sondern reisen auch aus Bochum, Hamm oder dem Sauerland an.

Jeden ersten Freitag im Monat, von 10:00 bis 12:00 Uhr, steigen Besucher mit mysteriösen Schatullen, alten Koffern und großen Decken die Stufen in die erste Etage des Museums hoch. Darin verbergen sich Gemälde oder Zeichnungen, Figuren, Bilderrahmen, Porzellangefäße oder Krüge. Es sind Sachen, die die Besitzer in der staubigen Dachboden-Ecke gefunden oder auf dem Flohmarkt ergattert haben. Der Großteil sind Erbstücke.

 

Dr. Brigitte Buberl schaut sich die vermeintlichen Elfenbein-Rahmen genauer an.
Bild: Dortmund-Agentur / Elena Hesterkamp

Am 2. März 2018 ist einer der ersten Besucher der Dortmunder Klaus Müller. Im Gepäck hat er ein großes gerahmtes Bild, das Maria mit dem Jesuskind zeigt. Solche religiösen Motivie bekommen die Sachverständigen häufig unter die Lupe. Das Gemälde wurde in Müllers Familie über Generationen weitervererbt, bis es bei ihm landete. Doch Müller weiß nicht, ob das Bild ein Unikat ist.

Reproduktion statt Rembrandt

Expertin Isabel Ebert bringt Licht ins Dunkle: Das Gemälde ist lediglich ein Druck auf Pappe. „Eine Reproduktion – doch so ein Gemälde war früher ein bedeutendes Hochzeitsgeschenk und sollte die Familie schützen“, erklärt Ebert. „Der Rahmen besteht aus Holz und Gips, und wurde wahrscheinlich in den 1920er oder 1930er Jahren hergestellt“. Müller meint: „Der Rahmen ist wahrscheinlich das wervollste an dem Bild. Nichtsdestotrotz behält das Bild natürlich einen emotionalen Wert“, sagt Müller, der sich vorab keine großen Hoffnungen gemacht hat, ein teures Original in den Händen zu halten.

Eine Dame hat ebenfalls Erbstücke mitgebracht: Drei kleine runde Bilder – eines zeigt die berühmte Kaiserin „Sissi“- deren Stempel besagen, sie bestünden aus echtem Elfenbein. Kunsthistorikerin Dr. Brigitte Buberl muss die Besitzerin enttäuschen: Die weißen Rahmen sind wohl aus Plastik.

Bürger aufklären und informieren

Dr. Buberl hat den Begutachtungs-Service im MKK 1990 ins Leben gerufen. Sie hat an der Staats-Gemäldesammlung in München volontiert, dort gibt es genau so einen Service. „Als ich nach Dortmund kam, wollte ich so etwas auch in Dortmund anbieten“, sagt Buberl. „Ich verstehe es als Bürgerdienst. Die Leute wissen nur wenig über ihre Besitztümer – gerade was Erbstücke angeht. Wir können ihnen sagen, wie sie Kunst richtig aufbewahren, oder wo sie Dinge restaurieren lassen können“. Manchmal müsse man den Besuchern auch den Wind aus den Segeln nehmen, so Buberl. Wo Picasso drauf steht, ist nicht unbedingt Picasso drin.

„Der Wert der Dinge verschiebt sich ohnehin. Manche Menschen kommen mit Bildern her, die in der Familie wie ein echter Schatz behandelt wurden, und denken daher, dass es viel wert sein muss. Dabei hatte das Bild damals einfach eine besondere Bedeutung für die Familie.“ Buberl ist Expertin für Gemälde, aber auch für Silber und Porzellan. Schätzungen zum materiellen Wert der Objekte geben die Experten bewusst nicht ab.

Schätzchen mit emotionalem Wert

Was ein Besuch beim Begutachtungs-Service klar macht: Der ideelle Wert der Dinge ist meist viel wichtiger als der materielle. So sieht es auch Margret Süsser. Sie sitzt zum ersten Mal am „Schätzchen“-Tisch im MKK und hat gleich zwei Dinge dabei: Eine kleine Skulptur und einen Kelch. Die vermeintliche Holz-Skulptur begutachtet Dieter Gelhard, Experte für historische Möbel und Holzobjekte. Sie stellt sich als Plastik-Kopie heraus. Doch der Kelch aus Milchglas, den Süsser mitgebracht hat, ist etwas Besonderes: Er ist nicht nur aufwendig verziert, sondern trägt eine handgemachte Gravur in lateinischer Sprache. „So etwas bekommt man heute nicht mehr so einfach“, meint Buberl. Gelhard kann die Inschrift sogar übersetzen. Süsser ist froh, dass sie nun mehr weiß über ihre „Schätzchen“ – auch, wenn sie keine tausend Euro wert sind.

Wer enttäuscht ist, dass das mitgebrachte Stück sich doch nicht als verschollener Schatz entpuppt hat, kann nach der Begutachtung immer noch einen Museums-Besuch anschließen – und die vielen Schätze in der Ausstellung bewundern.

Dieter Gelhard ist Experte für Holzobjekte. Dieses ist leider keins.
Bild: Dortmund-Agentur / Elena Hesterkamp

Die Sachverständigen im MKK beraten nur zu Kunst-Gegenständen, nicht zu Schmuck. Der Service kostet zehn Euro für die Begutachtung von bis zu drei Objekten. Der Eintritt im Museum ist inbegriffen.

Museum für Kunst und Kulturgeschichte

Quelle: https://www.dortmund.de/de/freizeit_und_kultur/museen/nachrichten_museen/nachricht.jsp?nid=519697

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