Kindgerechtes Bilderbuch zum Tabu-Thema Wochenbettdepression enthält viele Beratungs- und Unterstützungsangebote

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Tieftraurig und verzweifelt statt himmelhoch-jauchzend – die Wochenbettdepression ist ein nicht seltenes Phänomen nach einer Geburt. Aus diesem Grund haben Jugend- und Gesundheitsamt in Kooperation mit der FH Dortmund, der Kinderbuchautorin Claudia Gliemann und der Illustratorin Ulla Schönhense ein Kinderbuch zum Thema entwickelt. „Wie Mamas Welt wieder farbig wurde“, wurde am 1. September, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Das Buch erzählt kindgerecht und reich bebildert von einer Familie, die in schwieriger Situation Hilfe erfährt. Außerdem sind viele Beratungs- und Unterstützungsangebote in Dortmund aufgeführt, die ähnlich wie die Fachbegriffe im Text mit einem Pinsel markiert sind und am Ende, versehen mit den Kontaktdaten, erklärt werden. „Wie Mamas Welt wieder farbig wurde“ wird in Dortmund kostenlos an interessierte Fachkräfte verteilt. Familien erhalten es über die Geburtskliniken, die Kinder- und Jugendarztpraxen, die gynäkologischen Praxen und über Fachkräfte, die mit Familien arbeiten.

Die Idee zum Buchprojekt entstand im April 2018 im Rahmen einer Fachtagung. Diskutiert wurde dort etwa die Frage, wie man betroffene Mütter und die Familien an die verschiedenen Hilfsangebote heranführen kann. Eine der Fachreferent*innen, die Kinderbuchautorin und Verlegerin Claudia Gliemann, war zu diesem Zeitpunkt seit einem Jahr erfolgreich mit ihrem Buch „Papas Seele hat Schnupfen“ in ganz Deutschland unterwegs. In einem gemeinsamen Projekt mit AOK und dem Verein Deutsche Depressionsliga thematisierte Gliemann kindgerecht die Depression eines Vaters.

Buch nach Zutaten

Seitdem arbeiteten die Autorin, Pilar Wulff und Sabine Janowski (Jugendamt), Uta Nagel (Gesundheitsamt) und Prof. Dr. Silvia Denner (FH Dortmund) an der Realisierung von „Wie Mamas Welt wieder farbig wurde“. Claudia Gliemann beschreibt die intensive Zeit der Entstehung: „Es ist für mich das erste Buch, das ‚mit Zutaten‘ geplant wurde: Soll die Geschichte aus Sicht eines Jungen oder Mädchens erzählt werden, vielleicht eines Elternteils oder Verwandten?“ Diese und ähnliche Fragen waren Teil intensiver Diskussionen des Dortmunder Projektteams, nachdem Gliemann erste Vorstellungen mit Prof. Dr. Renner besprochen hatte. Man entschied sich für die Perspektive der Mutter nach der Geburt ihres dritten Kindes. Als Illustratorin konnte die in Dortmund lebende Malerin Ulla Schönhense gewonnen werden – „eine echte Entdeckung“, findet Pilar Wulff: „Uns sind ihre schönen Bilder aufgefallen, die das Dortmunder U oder das Stadion des BVB mit seinen Fans zum Gegenstand hatten – was lag näher, als sie in das Projekt einzubinden?“

Lächel-Depression

Den heilsamen Effekt der „schönen Bilder“ im Buch betonte Bürgermeisterin Birgit Jörder, die auch das Vorwort verfasste. Gemeinsam mit den Verantwortlichen freute sich Jörder, dass diese praxisnahe Handreichung ab sofort den Betroffenen zur Verfügung steht: „Ich bin froh, dass wir dieses Buch nun gemeinsam auf die Reise schicken dürfen“, erklärte die Bürgermeisterin und verwies auf dessen Notwendigkeit. Denn das Thema Wochenbettdepression werde oft tabuisiert – etwa aufgrund idealisierter Vorstellungen einer Mutterschaft: „Die Zeit der Schwangerschaft gleicht nicht selten einer Art Drehbuch, da geht es um schöne Mütter und schöne Kinder“, fährt Jörder fort und verweist auf die Realität, in der zwischen 50 und 80 Prozent der Mütter nach der Geburt „zumindest in ein Stimmungstief fallen“. Das werde im Umfeld aber weder bekannt noch wahrgenommen, um das Bild einer heilen Welt aufrecht zu erhalten. „Das Englische beschreibt diesen inneren Zwiespalt treffend mit dem Begriff ‚smiling depression‘, ‚Lächel-Depression‘“, erklärte Jörder.

Positiver Tenor

Für ein Lächeln ohne gedrückte Stimmung sorgte die anschließende Lesung mit Auszügen aus dem Buch, die Gliemann singend und mit Gitarre vortrug. Ein großes Thema: Schuldgefühle bei der Mutter – und den Kindern: „Bin ich schuld daran, dass du nicht mehr lachst?“, fragte eines der Kleinen, worauf die Mutter ihre Ohnmacht eingesteht: „Ich kann es einfach, zweifach, dreifach nicht“.

Doch passend zum positiven Tenor des Buches, „das als Praxisanleitung auch anderen Städten zur Verfügung gestellt werden soll“, wie Gliemann betont, findet sich Hilfe. Professionell etwa durch das Jugendamt, oder, repräsentativ für die kulturelle Vielfalt Dortmunds, die befreundete Familie Öztürk. Kein Wunder, dass es gegen Ende heißt: „Mamas Sonne ist wieder da!“

Torsten Tullius

Quelle: Stadt Dortmund

Bild: Dortmund Agentur/Torsten Tullius

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