Internationale Fotoausstellung „Gegen das Vergessen“ eröffnet im Dortmunder Westfalenpark

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Die für den deutschen Menschenrechts-Filmpreis 2020 nominierte Open-Air-Ausstellung porträtiert Überlebende der NS-Verfolgung. Die Ausstellung ist vom 24. Oktober bis 9. November im Westfalenpark Dortmund zu sehen und zeigt 70 Werke, die den Weg vom Eingang Ruhrallee bis zum Florianturm säumen.

Erinnerungsorte, die die Verbrechen des Nationalsozialismus abbilden, an sie erinnern und uns individuell und persönlich die eigene Verantwortung immer wieder vor Augen führen, sind wichtiger Bestandteil historisch-moralischer und politischer Bildung. Auf Initiative des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen präsen-tiert der deutsch-italienische Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano Überlebende der NS-Verfolgung in einem multimedialen Erinnerungs-projekt. Die Ausstellung mit dem Titel „Gegen das Vergessen“ zeigt überlebensgroße Porträts von Menschen aus der ganzen Welt, die die Verbrechen des Nationalsozialismus überlebt haben. Damit eröffnet der Künstler nicht nur einen biografischen Blickwinkel, sondern setzt auch ein deutliches Zeichen gegen jede Form von Ausgrenzung und für Offenheit, Toleranz und Demokratie.

„Gesicht und Würde“ statt Anonymität

Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft, betont den besonderen Wert der Ausstellung für die politische Bildungsarbeit: „Eine solch persönliche Begegnung mit Zeitzeugen ist der beste Weg zur Nachdenklichkeit und Ehrfurcht vor Mensch und Leben zu bewegen. Sie ist auch der beste Weg, um nicht rechtsradikalen Parolen auf den Leim zu gehen und dankbar auf unser demokratisches Gemeinwesen zu blicken.“ Die Arbeit Toscanos hole die Menschen aus der Anonymität heraus und gebe ihnen Gesicht und Würde, so lerne man, die Menschen wert zu schätzen. Gerade für die jüngeren Menschen sei die „Ausstellung von herausragender Bedeutung“.

Durch die Vermittlung der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache ist auch das Westfalen-Kolleg in das Ausstellungskonzept mit eingebunden, die Beteiligten dort haben sich für die jungen Besucher*innen besondere Zugänge ausgedacht.

Der Künstler Luigi Toscano weist auf die Relevanz der Ausstellung in der aktuellen Zeit hin: „In Gesprächen mit den Überlebenden wurde immer wieder deutlich: Es begann nicht plötzlich mit Vertreibung und Ermordung, sondern schleichend mit rassistischen und antisemitischen Feindbildern und Mythen, die nach und nach immer offener verbreitet wurden. Dass so etwas auch heute wieder passiert, ist nicht nur unerträglich, es ist hochgefährlich.“

Kontakt zur Jüdischen Gemeinde in Köln

Toscano schildert die Schwierigkeiten, die er zu Beginn des Projektes hatte, als sich einige der angesprochenen Institutionen, die er als Partner für sein Projekt gewinnen wollte, ablehnend zeigten: „Da hieß es oft: ‚Wen interessiert die Vergangenheit, wir interessieren uns für die Zukunft.'“ Der Durchbruch für seine Idee, NS-Verfolgten ein Gesicht zu geben, kam mit dem Kontakt zur Jüdischen Gemeinde in Köln, die sich in ganz Nordrhein-Westfalen um Überlebende des Holocaust kümmert. Über einen Rundbrief machte er die Bekanntschaft von Horst Sommerfeld, der seit Ende des Krieges und bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr in Gelsenkirchen lebte. Sommerfeld verlor seine ganze Familie in Auschwitz.

Mit Sommerfelds Schicksal nahm „Gegen das Vergessen“ seinen Anfang, außerdem ist er auch Teil einer „unglaublichen und bewegenden Geschichte“, wie Toscano erklärt. Bei der Präsentation der Ausstellung in Berlin hatte Toscano die Porträts insgesamt recht zufällig zueinander positioniert, so geriet Sommerfelds Bild neben das von Walter Frankenstein. Frankenstein lebt seit einigen Jahrzehnten in Stockholm und hatte in einer deutschen Zeitung, die über die Ausstellung berichtete, ein Foto von sich und Sommerfeld entdeckt. Zum Hintergrund: Sommerfeld und er waren bis zur Vertreibung durch die Nazis Nachbarn in Flatow (heute Polen, damals Ostpreußen), durch das Pressefoto kam es nach über 80 Jahren wieder zu einem Kontakt.

70 Werke – 70 Erinnerungen

Die Ausstellung ist vom 24. Oktober bis 9. November im Westfalenpark Dortmund zu sehen und zeigt 70 Werke, die den Weg vom Eingang Ruhrallee bis zum Florianturm säumen. Hinter jedem Porträt steht eine ganz persönliche Geschichte. Es sind Geschichten von Kindern, deren Familien verschleppt und ermordet wurden. Geschichten von Jugendlichen, die gedemütigt und misshandelt wurden. Erinnerungen an Leid, Hunger und Kälte; an Angst, Verrat und Tod. Manchmal erzählen die Geschichten auch von Hoffnung, Freundschaft und Menschlichkeit.

Mehr als eine Million Besucher weltweit haben die Fotoinstallation bereits besucht, u.a. in Kiew, Berlin, Wien, New York City oder Washing-ton, Boston und San Francisco, jeweils präsentiert im öffentlichen Raum an Häuserfassaden, Plätzen oder Parks.

Über den Künstler

Luigi Toscano lebt und arbeitet in Mannheim. Auf der ganzen Welt führt er Interviews mit Überlebenden des NS-Regimes und fertigt dann Port-rätaufnahmen von ihnen an. In seinen Ausstellungen, Bildbänden und dem Dokumentarfilm verknüpft er die Porträtfotos mit den Biografien dieser Menschen, damit ihre Schicksale nicht vergessen werden. Seine überlebensgroßen Porträts präsentiert Luigi Toscano an zentralen Orten, die für alle zugänglich sind – Parks, Plätze oder Häuserfassaden. Auf diese Weise finden sie einen direkten Zugang in den Alltag und das Bewusstsein der Menschen – unabhängig von Herkunft, Alter oder Bildung.

Quelle: Stadt Dortmund

Bild: Dortmund Agentur/ Torsten Tullius

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