Experten diskutierten über eSport

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Sie trugen Fachkompetenz zum Thema bei (Mitte, von links nach rechts): Jens Wortmann, Hans Jagnow, Dr. Christopher Grieben und Stefan OpitzBild(Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Dortmund-Agentur / Anja Kador 
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Ist eSport Sport im eigentlichen Sinn und sollte entsprechend gleichrangig mit Sportvereinen behandelt werden? Diese Frage diskutierten am Freitag, 03.Mai 2019, im Dietrich-Keuning-Haus Vertreter aus Verwaltung, Wissenschaft, des organisierten Sports und des eSports in NRW. Eingeladen hatte die Stadt Dortmund. 

Anwesend waren außerdem rund 100 interessierte Bürger aus Dortmund und der Region, einige waren aus Köln und Berlin angereist.

Wirtschaftsfaktor Digitale Freizeitkultur

Zuvor gab Stefan Bromund, Koordinator AG eSport der Stadt Dortmund, im Anschluss an die Grußworte von Stadtdirektor Jörg Stüdemann, einen Einblick in das weltweite Phänomen eSport, das längst nicht nur das einer modernen Jugendkultur ist, sondern auch wirtschaftlich immense Summen bewegt. Allein in Deutschland spielen rund 3 Millionen Menschen regelmäßig Spiele wie „Heartshstone“, „League of Legends“ oder „FIFA“, „in Dortmund bewegt sich die Zahl an Spielern im mittleren 5-stelligen Bereich“, sagte Stefan Bromund. eSport ist Teil einer digitalen Freizeitkultur, die mittlerweile die Dimensionen eines bestdotierten Profisports erreicht habe, Gewinnsummen von bis zu 10 Millionen Dollar seien keine Seltenheit: „In diesem Rahmen füllt der eSport bereits riesige Hallen, das Ganze gleicht Konzerten von Superstars. Die Fans fiebern über Leinwände mit den Spielern mit“, erläuterte Bromund dessen kommerzielle Seite.

Internationale Community – regionaler Bezug

Bezüglich des Breitensports habe sich der eSport weiterentwickelt, dessen Ausübung führe nicht zwangsläufig zu isoliertem Tun vor dem PC: „eSport umfasst eine internationale Community, die einen lokalen Bezug hat. Man trifft sich vor Ort mit Gleichgesinnten und tauscht sich aus.“ Stefan Bromund, mehrfacher Deutscher und einmaliger Europameister der Fußball-Simulation FIFA, „weiß, wie Verwaltung und die eSport-Szene ticken.“ Er thematisierte auch das Suchtpotential des eSports und leitete daraus städtisches Handeln ab: „Wir möchten Jugendliche zu einem angemessenen Umgang anleiten, die Arbeitsgruppe bietet hierfür die kompetenten Ansprechpartner.“

Vereinskultur

Wer sich in Dortmund einem Verein anschließen möchte, kann sich an Christopher Brand und Peter Kistner von Dortmund eSports e.V. wenden. Brand und Kistner informierten über die Tätigkeit des Vereins und gaben einen Ausblick auf künftige Veranstaltungen. eSport ein Sport – eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist, ist doch allein der Begriff Sport nur schwer zu fassen: „Die Sportarten entwickeln sich ständig weiter und sind historisch, kulturell gewachsen.

Stadtdirektor Jörg Stüdemann begrüßt die Diskussionsteilnehmer und die rund 100 ZuhörerBild(Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Dortmund-Agentur / Anja Kador

Entsprechend besteht aus wissenschaftlicher Sicht ein ständiges Ringen um die Definition neuer Sportarten“, sagte Dr. Christopher Grieben von der Sporthochschule Köln. Spreche man etwa mit anderen Wissenschaftlern, „Pädagogen oder Soziologen, so stellt man fest: Jeder hat eine eigene Definition“. Einige Merkmale, auf die man sich fächerübergreifend einigen könne, seien „körperliche und geistige Beweglichkeit mit dem Ziel allgemeinen Wohlbefindens“.

eSport als Schulfach

Ähnlicher Ansicht ist auch Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bundes Deutschland e.V.: „Der Sportbegriff ist flexibel, aber auch beim eSport geht es darum, mit einem Wettbewerbsgedanken Leistung zu erbringen und als Sieger herauszugehen“, sagte Jagnow. Er zog Parallelen vom eSport zum Motorsport: „Auch hier geht es darum, mit präzisen Bewegungen ein elektronisches Gerät zu steuern“, fuhr Jagnow fort und wünschte sich die gesellschaftspolitische Anerkennung. Berechtigt das zum Vergleich mit anderen Sportarten? „Nein“, sagte Jens Wortmann, Vizepräsident des Landessportbundes NRW: „Der Bewegungsmangel, vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist das Problem“, merkte Wortmann an, „ich hätte ein großes Problem damit, wenn eSport an Grundschulen angeboten würde.“

„In Norwegen ist eSport reguläres Schulfach in der Oberstufe, allerdings ist es kulturell umrahmt“, erklärte Maike Groen von der Technischen Hochschule Köln, und verwies auf mögliche Nachteile für Kinder und Jugendliche wie zu langes Sitzen vor dem PC oder schlechte Ernährung. An den dortigen Schulen begegne man diesem Problem „durch das gleichzeitige Fördern analoger Sportarten und Informationen über ein gutes Essverhalten.“

Potential für Sportvereine

Aus dem Pro und Contra ergaben sich auch verbindende Positionen. Stefan Opitz, ebenfalls Dortmund eSports e.V., betonte den Vorteil für Sportvereine, neben den gängigen Sportarten auch eSport anzubieten: „Die Vereine haben zunehmend das Problem, jüngere Zielgruppen zu erreichen“, eSport-Angebote könnten hilfreich sein, auch jüngere Mitglieder zu gewinnen. Das Problem sei aber die derzeitige Rechtslage. Ähnlich Christopher Grieben, er hob das Zusammenspiel zwischen „analogem“ und „digitalem“ Sport hervor: „Das ist ein großes Potential für Sportvereine. Mittels modernster Technologie kann man Jugendliche für einen Verein begeistern, man kann zum Beispiel einem Fußballer über virtuelle Realität Taktik beibringen.“

eSport: virtuell und analog

Ist eSport „Sport“ oder nicht? Diese Frage wurde im Rahmen des Symposiums nicht abschließend geklärt. Einig waren sich die Diskutanten jedoch hinsichtlich seiner sozialen Dimension. Er könne Menschen auch konkret räumlich zusammenführen und fördere, ähnlich wie Sportvereine, kulturelle Kompetenzen wie Verantwortungsgefühl oder Teamfähigkeit. Das unterstrich Dimitrios Karakatsanis, Leiter des Zentrums für Medienkompetenz der Stadt Dortmund. Ihn stört jedoch der aus seiner Sicht verkürzte Begriff „eSport“: „Gerade die neuen Spiele sind ’social games‘, das wird vernachlässigt, wenn man einfach nur von ‚eSport‘ spricht.“ Dem Wunsch, nicht nur virtuell, sondern auch analog zusammen zu kommen, sollten die Kommunen Rechnung tragen und passende Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.

Torsten Tullius

Quelle: Stadt Dortmund

 

 

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