Dortmunds „Luftreinhalteplan“

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Künftig sollen LKW schwerer als 7,5 Tonnen Durchfahrtsverbot auf der B1 haben. Bild(Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): © www.do-foto.de
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Keine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Dortmund – stattdessen wirkungsvolle Maßnahmen für saubere Luft

Land NRW, Stadt Dortmund und der Verein Deutsche Umwelthilfe e.V. haben sich vor dem Oberverwaltungsgericht Münster auf einen Vergleich zur Umsetzung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet (Teilplan Ost) geeinigt. Veränderungen wird es auf B1, Brackeler Straße und Ruhrallee geben.

Die Stadt Dortmund war vor Beginn der Verhandlungen zuversichtlich, dass das Land NRW als Beklagte und die DUH als Kläger im Vergleichsgespräch eine Einigung erzielen würden. Dies ist nach einem vierstündigen Gespräch am Dienstag, 14. Januar 2020, auch gelungen.

Das Ziel ist es, den Immissionsgrenzwert für NO2 (40 Mikrogramm pro Kubikmeter Außenluft – gemittelt auf das Kalenderjahr) so schnell wie möglich im ganzen Stadtgebiet einzuhalten. Nach der vereinbarten Bedenkzeit haben alle Beteiligten dem Vergleich zugestimmt. Die Stadt Dortmund hat dafür eine sogenannte Dringlichkeitsentscheidung herbeigeführt, per Definition von Oberbürgermeister Ullrich Sierau und einem Ratsmitglied getroffen. Die Dringlichkeitsentscheidung wird dem Rat der Stadt in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag, 13. Februar 2020, zur Genehmigung vorgelegt.

Werte sollen sich in der gesamten Stadt verbessern

„Es ist eine gute Nachricht, dass es zu einer gemeinsamen Sichtweise gekommen ist“, wertet Oberbürgermeister Ullrich Sierau das nun vorliegende Ergebnis. „Es gibt jetzt eine Reihe von Maßnahmen, an denen wir konsequent arbeiten und die wir auch weiter entwickeln werden. Wenn die Werte sich nicht positiv entwickeln, werden wir im Laufe des Jahres nachsteuern“, so der Oberbürgermeister. „Wir wollen das Ergebnis dieses Vergleichs leben, denn wir haben ein großes Eigeninteresse am Erfolg dieser Maßnahmen. Und wir meinen es ernst: unsere Luftwerte sollen nicht nur an den Messpunkten, sondern überall in der Stadt besser werden.“

Ein Ziel, mit dem auch die Deutsche Umwelthilfe e.V. übereinstimmt. Mit dem Ergebnis konnte verhindert werden, dass einseitig nur Dieselfahrer*innen durch Fahrverbote benachteiligt werden.

„Die vielen Maßnahmen bilden ein wirkungsvolles Gesamtpaket, das die NO2-Immissionen weiter reduzieren wird“, so Umweltdezernent Ludger Wilde.

Veränderungen am Rheinlanddamm, der Ruhrallee und der Brackeler Straße

Die Maßnahmen sind individuell auf die Situation in Dortmund zugeschnitten und führen an besonders verkehrsstarken Strecken mit Stickstoffdioxidbelastungen über dem zulässigen Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter zu einschränkenden Veränderungen. Es geht konkret um die drei Messstellen, an denen der Grenzwert weiterhin überschritten wird. Dies sind die Messstellen am Rheinlanddamm, der Ruhrallee und der Brackeler Straße.

Die nun gerichtlich festgehaltene Einigung umfasst zwei Maßnahmenpakete. Stufe 2 muss dann umgesetzt werden müssen, wenn die erste Stufe keine ausreichende Wirkung auf die Einhaltung des Grenzwertes zeigt. Demgemäß werden die Punkte des ersten Pakets vollständig umgesetzt. Damit muss die Stadt Dortmund unverzüglich beginnen. Die Maßnahmen zu den oben genannten Straßenabschnitten sind:

Maßnahmen aus Paket 1:

  • Rheinlanddamm (B1): Ausdehnung des nächtlichen Durchfahrverbots für LKW größer als 7,5 Tonnen auf 24 Stunden. Geschwindigkeitsreduzierung für die Auffahrtsrampe von der Märkischen Straße in Fahrtrichtung Westen von 50 auf 40 km/h (ab I. Quartal 2020). Blitzeranlage zur Geschwindigkeitsüberwachung in Höhe der Westfalenhallen in Fahrtrichtung Osten (bereits in Betrieb).
  • Brackeler Straße: Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 km/h zwischen „Borsigplatz“ und „Im Spähenfelde“ (ab I. Quartal 2020). Einrichtung einer sogenannten Umweltspur auf dem nördlichen Fahrstreifen in Fahrtrichtung Borsigplatz. Auf der Umweltspur dürfen dann Busse, E-Autos und Fahrräder stadteinwärts fahren. Stadtauswärts wird von derzeit zwei auf eine Spur reduziert. Die Einrichtung muss kurzfristig erfolgen, spätestens bis Februar / März 2020. Die Anlage zur Überwachung der Geschwindigkeit und des bestehenden Lkw-Durchfahrverbotes ist bereits in Betrieb und wird entsprechend angepasst.
  • Ruhrallee: Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 zwischen Wall und B1/Rheinlanddamm. Diese Maßnahme wird durch eine Veränderung der Ampelschaltungen begleitet. Längere Rot-Phasen lassen weniger Verkehr in Richtung Innenstadt fließen. Die Einrichtung muss bis spätestens 31. Mai 2020 vorgenommen sein.

Sowohl an der Brackeler Straße als auch an der Ruhrallee werden zukünftig in engen Abständen Verkehrszählungen ausgewertet, um die gewünschte Reduktion der Verkehrsmenge zu prüfen und falls erforderlich frühzeitig mit noch stärkerem Eingriff in den Verkehr nachsteuern zu können. Dazu wurden die folgenden Stellschrauben in einem zweiten Paket vereinbart:

Wenn Stufe 1 keine ausreichende Wirkung zeigt, folgen Maßnahmen aus Paket 2:

  • Rheinlanddamm (B1): LKW-Fahrverbot schon für LKW ab 3,5 Tonnen
  • Brackeler Straße: Optimierte Ampelsteuerung (Pförtnerung)
  • Ruhrallee: Steuerung des Verkehrs durch zusätzliche Ampelprogrammierung nördlich der B1 (Pförtnerung).

Viele der in der Vergleichsverhandlung festgesetzten Maßnahmen sind bereits bekannt und wurden vom Rat der Stadt Dortmund zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschlossen. Sie finden sich nun im Vergleichstext zwischen dem Land NRW und der Deutschen Umwelthilfe e.V. wieder. Die Stadt Dortmund wertet das als Anerkennung ihres nachhaltigen Bemühens um gute Luft in der Stadt.

Unterm Strich sind sowohl kurzfristige als auch mittel- und langfristige Maßnahmen vorgesehen, die den Verkehr umweltgerecht verändern sollen.

Bei der weiteren Reduzierung des Stickstoffdioxid-Ausstoßes im Stadtgebiet gilt es, an einem Strang zu ziehen. Das betonten in einer Pressekonferenz am 22. Januar 2020 Vertreter*innen der Stadt Dortmund, IHK, Handelsverband, Handwerkskammer und DSW 21.
Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Dortmund-Agentur / Torsten Tullius

Bereits ergriffene Maßnahmen zeigen Wirkung

Da für die Stadt Dortmund die Gesundheit der Bürger*innen eine besonders hohe Priorität hat, wurde bereits in der Vergangenheit eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, die auch in den bestehenden Luftreinhalteplan Eingang gefunden haben. Als wichtigste Maßnahmen aus der Vergangenheit im Verkehrssektor sind die Einrichtung einer Umweltzone sowie die Verhängung von Lkw-Durchfahrtsverboten, Lkw-Routen und Geschwindigkeitsbeschränkungen zu nennen.

Dass die bereits ergriffenen Maßnahmen wirken, zeigen die vorliegenden NO2-Messwerte. Sie sind überall rückläufig. Diese Entwicklung wird sich nun spürbar fortsetzen. Die Stadt Dortmund ist intensiv damit befasst, die Luftschadstoffbelastungen unter anderem durch die Reduzierung des Kfz-Verkehrs und durch die aktive Förderung der Verkehrswende zu minimieren. Wichtige Schritte auf diesem Weg sind die Förderung der Elektromobilität, des ÖPNV und des Radverkehrs.

Zu den bekannten Maßnahmen, die nun im Vergleichstext aufgenommen wurden, zählt der „Masterplan Mobilität 2030“ mit seinen verschiedenen Teilkonzepten wie „Elektromobilität für Dortmund“ und der „Masterplan Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ sowie das Projekt „Emissionsfreie Innenstadt„.

Ebenfalls dazu gehören die Modernisierung und Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks sowie der Ausbau des Parkleitsystems und der Park+Ride-Plätze verbunden mit einer intensiven Marketing-Offensive.

Auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur durch das Projekt „NOX-Block“ ist Bestandteil. Dabei werden bis zu 400 Ladepunkte für E-Autos an Straßenlaternen im öffentlichen Bereich installiert.

Neue Stellen für Planung und Bau von Radwegen

Ein anderer zentraler Punkt zur NO2-Reduzierung ist die Förderung des Radverkehrs. Der Radverkehrsanteil soll bis zum Jahr 2030 von jetzt rund 10 auf 20 Prozent gesteigert werden. Dafür wird die Stadt Dortmund neue Personalstellen für Planung und Bau von Radwegen besetzen und die Investitionen massiv erhöhen. Um den Bau des Radschnellwegs Ruhr (RS1) zu beschleunigen, hat die Stadt Dortmund beispielsweise die Planungshoheit übernommen und eine weitere zusätzliche Stelle für den RS1 geschaffen.

Die ohnehin geplante Schaffung von 21 weiteren Bewohnerparkzonen im Cityrandbereich wird beschleunigt werden – mindestens 3 neue Zonen pro Jahr sollen ab 2021 realisiert werden. Für das Jahr 2020 stehen bereits zwei Zonen vor der Realisierung.

Mit enthalten im Katalog sind auch Aktionen im Bereich des Mobilitätsmanagements für Unternehmen sowie an Schulen und KiTas.

Die Dortmunder Stadtwerke AG und ihre DSW21-Busflotte liefern einen weiteren Baustein: In den vergangenen fünf Jahren konnten die Stickstoffdioxidemissionen der Busflotte bereits um 52 Prozent gesenkt werden. Weitere Investitionen sind geplant oder bereits angeschoben: Die aktuell verbesserten Bedingungen für Fördermittel des Bundes zur Hardware-Nachrüstung bei Dieselfahrzeugen wird dazu führen, dass die DSW21 sowie die Stadt Dortmund alle förderfähigen Fahrzeuge nachrüsten wird. Zudem bereitet die DSW21 den Einstieg in die Beschaffung von E-Bussen vor.

Unabhängig von dem nun vorliegenden Vergleich steht fest, dass die Stadt Dortmund weitere Maßnahmen in den nächsten Jahren ergreifen wird, zum Beispiel den Bau der „Nordspange“ auf dem ehemaligen Gelände der Westfalenhütte und die Verlängerung der Stadtbahn auf eben diesem Gelände. Zusätzliche und flankierende Ideen, die die Luft verbessern, sind denkbar und können hinzukommen.

Gemeinsame Forderung: Automobilindustrie muss Verantwortung gerecht werden

Die Stadt legt Wert darauf, dass aus ihrer Sicht die Nichteinhaltung von Zusagen durch die Autoindustrie der Grund ist, warum sich die Stadtverwaltung und die Stadtspitze zu diesen Maßnahmen gezwungen sehen. Die Automobilindustrie muss endlich ihrer Pflicht und Verantwortung gerecht werden und so schnell wie möglich die Emissionen der Fahrzeuge reduzieren, insbesondere auch durch Hardware-Nachrüstungen. Auch in diesem Punkt war sich die Stadt Dortmund mit allen Beteiligten im Saal des Oberverwaltungsgerichts einig.

Der vollständige Maßnahmenkatalog ist zunächst nur auf der Homepage des Oberverwaltungsgerichts Münster abrufbar und in Kürze auch auf der Homepage der Stadt Dortmund.

Nur wenn die Messwerte der Stickstoffdioxidbelastungen unter den Grenzwert sinken und als hilfsweises Bewertungskriterium sich die erforderliche Reduktion des Autoverkehrs einstellt, kann der Vergleichsvertrag, zu dem sich die Deutsche Umwelthilfe e.V. bewegen ließ, eingehalten werden.
Die Stadt Dortmund bittet daher die Verkehrsteilnehmenden, die mit einem Auto in die Stadt fahren, einerseits um Verständnis für die Veränderungen. Andererseits bittet sie um Mithilfe, damit das Ziel von weniger Autoverkehr erreicht werden kann. Besonders hilfreich ist es, wenn die Autofahrenden auf Alternativen wie die Stadtbahn, den Bus oder das Fahrrad umsteigen.

Dieser Beitrag befasst sich mit Verwaltungsangelegenheiten der Stadt Dortmund. Dieser Hinweis erfolgt vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung.

Quelle: Stadt Dortmund

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