Museum Ostwall – Ausstellung „Kunst & Kohle: SchichtWechsel“ blickt auf Bergbau in der Kunst

0
72
"Der Bergmann und sein Werk" - Ausstellung "Kunst & Kohle" Bild: Stadt Dortmund / Katrin Pinetzki
Facebookrss

Von der (bergmännischen) Laienkunst zur Gegenwartskunst: Vom 4. Mai bis 12. August 2018 nimmt die neue Ausstellung „Kunst & Kohle: SchichtWechsel“ im Museum Ostwall unter die Lupe, wie Kunstschaffende das Thema „Bergbau“ aufgreifen.

Bergbau und Kohle, die Arbeit unter Tage und der Alltag im Revier inspirieren Kunstschaffende bis heute. Die Ausstellung „Kunst & Kohle: SchichtWechsel“ im Museum Ostwall im Dortmunder U bildet das breite Spektrum der künstlerischen Beschäftigung rund um das Thema Kohle ab. Die Schau beschäftigt sich mit dem Schaffen der malenden und zeichnenden Bergleuten in den 1950/60er-Jahren und blickt in die Gegenwart und Zukunft.

Die Ausstellung gehört zum Projekt „Kunst & Kohle“ der RuhrKunstMuseen: Die Ausstellungen zum Thema laufen zeitgleich in 17 Museen in 13 Städten der Metropole Ruhr. Es ist das größte städteübergreifende Ausstellungsprojekt, das je zu diesem Thema umgesetzt wurde.

Generation von kunstschaffenden Bergleuten

In den 1950er- und 1960er-Jahren erlebte die bergmännische Laienkunst im Ruhrgebiet eine Blüte: Gewerkschaft und Montanindustrie förderten die kreative Betätigung der Bergleute gleichermaßen – eine neue Generation von kunstschaffenden Laien aus Arbeitern und Angestellten entstand. Die neue Kulturpolitik gab ihnen Gelegenheit, ihren künstlerischen Neigungen nachzugehen und ihre Werke einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Doch nicht nur Arbeitgeber und Gewerkschaften interessierten sich für Laienkunst – sondern auch Dr. Leonie Reygers, die Gründungsdirektorin des Museums am Ostwall. Sie sammelte Laienkunst, stellte sie aus und wirkte als Jurorin an den so genannten „Steckenpferdturnieren“ mit, den Ausstellungen der Mitarbeiter der Hoesch Werke AG. Ihr Interesse an der Kunstproduktion von Laien verband sie mit musemspädagogischem Engagement – unter anderem gründete sie die erste Kindermalstube eines Museums in Deutschland.

 

Kuratorinnen (v.li.) Caro Delsing, Regina Selter und Karoline Sieg vor einem großformatigen Porträt von Gründungsdirektorin Leonie Reygers
Bild: Stadt Dortmund / Katrin Pinetzki

„Kunst & Kohle: SchichtWechsel“ zeigt Gemälde, Papierarbeiten und Skulpturen von regionalen Laienkünstler, Werke Naiver Kunst aus dem Sammlungsbestand des Museums Ostwall sowie historische Dokumente. Bis heute inspirieren Kohle, Bergbau und Transformationsprozesse der Region viele Künstler in ihrer Arbeit. Daher präsentiert die Schau auch aktuelle kreative Bestrebungen rund um das Thema Kohle.

Naive Malerei, Bergarbeiter-Laienkunst und Gegenwartskunst

Die Ausstellung bildet das breite Spektrum des Kunstschaffens aus unterschiedlichen Perspektiven ab – vom autodidaktischen bis zum akademisch ausgebildeten Künstler. Gezeigt werden Leihgaben und Sammlungsbestände der klassischen naiven Malerei (unter anderem von Séraphine Louise und Ivan Rabuzin), der Bergarbeiterlaienkunst (unter anderem von Erich Bödeker und Franz Brandes) sowie wichtige gegenwärtige Positionen (unter anderem von Mohau Modisakeng, Reiner Ruthenbeck, Andreas Gursky, Alicja Kwade, Rirkit Tiravanija).

„Dieses gemeinsame Ausstellungsprojekt hat eine herausragende Bedeutung über die Region hinaus“, sagt Edwin Jacobs, Direktor des Dortmunder U und Sprecher der RuhrKunstMuseen.

Kohle hat die Region schon immer verbunden und verbindet uns weiterhin. Es ist phantastisch, dass das Museum Ostwall durch ‚Kunst & Kohle‘ die Gelegenheit bekommt, auch seine eigene Geschichte museal zu reflektieren. Das Dortmunder U ist selbst ein starkes Beispiel für erfolgreichen Strukturwandel und bietet heute vielfältige Begegnungen mit Kunst und Kreativität.

Edwin Jacobs, Leiter der Dortmunder U

Die Ausstellung gliedert sich in vier große Bereiche. Sie beginnt bei der Person der Gründungsdirektorin Dr. Leonie Reygers und führt über die von ihr geförderte und ausgestellte bergmännischen Laienkunst bis zur Gegenwartskunst. Im Übergang zwischen historischer und aktueller Kunst können sich die Besucher im „KohleKreativRaum“ selbst Zeit für Kunst nehmen.

„Kohle hat die Region schon immer verbunden und verbindet uns weiterhin. Es ist phantastisch, dass das Museum Ostwall durch ‚Kunst & Kohle‘ die Gelegenheit bekommt, auch seine eigene Geschichte museal zu reflektieren. Das Dortmunder U ist selbst ein starkes Beispiel für erfolgreichen Strukturwandel und bietet heute vielfältige Begegnungen mit Kunst und Kreativität.“ – Edwin Jacobs, Leiter der Dortmunder U

Blick auf Gründungsdirektorin Dr. Leonie Reygers

Die Gründungsdirektorin Dr. Leonie Reygers hatte in den 1950er-Jahren einen Sammlungsschwerpunkt von Naiver Kunst als Teil der Kunst des 20. Jahrhunderts aufgebaut. Ihr Engagement für diese künstlerische Entwicklung war verbunden mit dem Leitgedanken der Förderung von Kreativität und Bildung für jeden. Im ersten Teil der Ausstellung geben historische Dokumente und Fotografien, klassische naive Werke und Werke bergmännischer Laien den kulturellen Zeitgeist der 1950/60er-Jahre wieder.

Mit dem Blick von heute ist es erstaunlich, dass die umfassende kulturelle, gesellschaftliche Bewegung der bergmännischen Laienkunst aus dem Ruhrgebiet scheinbar in Vergessenheit geraten ist. Welche Künstler sind uns heute noch aus dieser Zeit bekannt? Wer erinnert sich an die Ambitionen einer Museumsdirektorin für ein offenes Museum, das sich der Bevölkerung einer Arbeiterstadt geöffnet hat? Der erneute Blick von „SchichtWechsel“ auf die internationale Laienkunst und besonders auf die der 1950er- und 1960er-Jahre im Ruhrgebiet macht den offenen und kreativen Zeitgeist dieser Jahre wieder sichtbar.

 

Franz Brandes: Schwäne und Enten vor der Zeche Zollern II/IV (1986), Öl auf Leinwand
Bild: Franz Brandes

Kohle als Material und Werkstoff

Im zweiten Teil der Ausstellung zeigen verschiedene Gegenwartspositionen diese künstlerische Vielfalt zum Thema „Kohle“. Auffallend ist, dass Kohle als Material und Thema sehr divers verhandelt wird. Dadurch, dass die Werke in diesem Bereich eher nach optischen Gemeinsamkeiten gruppiert sind, bleiben die Werke variabel lesbar, und aktuelle Zugänge und Perspektiven ermöglichen dem Betrachter neue Sichtweisen.

Innerhalb der künstlerischen Positionen lassen sich dennoch lose thematische Verbindungen aufzeigen. So konzentrieren sich einige Künstler sehr bewusst auf die Materialität, die Kohle als Werkstoff: Erich Reusch mit seinen elektrostatischen Objekten, Alicja Kwade mit ihrem Aschehaufen und Nora Schattauer mit ihren Zeichnungen auf Kohlepapier.

Gesellschaftliche und politische Fragen

Zudem spielt der persönliche Bezug, die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie oder mit bestimmten, vom Bergbau geprägten Orten für viele Künstler eine wichtige Rolle, etwa bei Marcus Kiel, Gabriele Nasfeter, Barbara Abendroth und Stephanie Brysch. Andere Künstler setzen sich mit gesellschaftlichen und politischen Fragen auseinander, beispielsweise Mohau Modisakeng in seiner performativen Videoarbeit. Bei Alwin Lay oder den Anhäufungen von Reiner Ruthenbeck sehen wir zudem Werke, in denen Material in Form eines Kohlebriketts, einer verbrannten Ananas, eines Papier- und Schlackehaufens, als Mittel einer konzeptuellen Metaebene genutzt wird.

Kurzfilme von Studierenden

Begleitend zur Ausstellung haben Studierende des Studiengangs „Film & Sound“ der FH Dortmund unter Leitung von Prof. Sandra Hacker und Harald Opel ein Kurzfilmprogramm erarbeitet. Die Filme dauern zwischen einer und 25 Minuten und sind in der „Black Box“ in der Ausstellung zu sehen. Die Imagekampagne „Dortmund überrascht. Dich.“ unterstützt die Produktion des Kurzfilms „Zappenduster“ und hat damit zur Realisierung des Projekts beigetragen.

Quelle: Stadt Dortmund

 

Facebookrss