„Heimat Dortmund“ lässt Kriegsteilnehmer zu Wort kommen

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Felix Bergmann (Bild-, Film- und Tonarchiv), Dr. Andrea Zupancic (Leiterin des Bild-, Film- und Tonarchivs) und Dr. Stefan Mühlhofer, Direktor des Stadtarchivs (v.l.) stellten die neue "Heimat Dortmund"-Ausgabe vor. - Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Arnd Lülfing / Stadtarchiv
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Stadtarchiv macht Geschichte in Wort und Bild lebendig

Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg – ein Thema, mit dem sich die aktuelle Ausgabe der „Heimat Dortmund“ beschäftigt. In neun Beiträgen kommen junge Soldaten zu Wort – in überlieferten Briefen, aber auch in eindrücklichen Fotos und Zeichnungen von der Front. Darüber hinaus haben Mitarbeiter des Stadtarchivs Beiträge verfasst.

Herausgeber der „Heimat Dortmund“ ist der Historische Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark e. V. unter Mitwirkung des Stadtarchivs.

Die gezeigten Dokumente „aus dem Felde“ wurden aus den Magazinen des Archivs ans Tageslicht geholt und sind nun erstmals veröffentlicht. Die Erlebnisse und die Gedanken der Beteiligten vermitteln einen sehr unmittelbaren Eindruck von den Schrecken und der Willkür des Krieges.

Das Stadtarchiv Dortmund bewahrt zahlreiche Dokumente, die von den Ereignissen der Kriegsjahre berichten. Dazu zählen schriftliche Überlieferungen wie die Akten und Briefwechsel der Dortmunder Kreisstelle des Roten Kreuzes. Aber auch zahlreiche Fotos und Zeichnungen gelangten auf teils verschlungenen Wegen ins Stadtarchiv, gefertigt von Soldaten, die die Front aus eigener Anschauung kannten. Im Bildarchiv werden solche historischen Zeugnisse aufbewahrt.

Postkarten, Briefe und Zeichnungen

Auf wunderschön gezeichneten und aquarellierten Feldpostkarten berichtet der junge Karl Sustersic von seinen Fronterlebnissen. Von seinen verschiedenen Lazarettaufenthalten schickt er amüsante Karikaturen nach Hause, oft Selbstporträts. Eines zeigt ihn selbst auf der Jagd nach Wanzen im Krankenbett. Heitere Nachrichten wie diese sollen die Eltern beruhigen. Doch in seinen Briefen klingen auch Furcht und die Sehnsucht nach Hause mit, wie der Autor Hannes Tutschku in seinem Beitrag verdeutlicht.

Der bei den Garde-Reserve-Jägern eingesetzte Wilhelm Bohe fotografierte an der Ostfront. Seine Bilder zeigen das Leben zwischen Schlachtfeld und dem Alltag in der verschneiten Baracke, vom „Heldenfriedhof“ der gefallenen Kameraden bis zur Latrine. Nur Beschriftungen auf den Rückseiten der Fotos geben spärliche Informationen zu den Bildmotiven. Mit ihm und seinen Fotografien hat sich Stadtarchiv-Mitarbeiter Felix Bergmann beschäftigt.

Bittbriefe aus der Gefangenschaft

Im Bestand der Dortmunder Kreisstelle des Roten Kreuzes befinden sich zahlreiche schriftliche Zeugnisse, die die Lebenswirklichkeit der Soldaten erahnen lassen. Bittbriefe von Soldaten wurden in den Akten abgelegt und bis heute aufbewahrt. Die Feldpostbriefe kommen anfangs von der Front, später immer häufiger aus der Gefangenschaft. Die jungen Männer bitten um Zusendungen aus der Heimat: Zeitungen, Hygieneartikel, eine Uhr, und immer wieder werden Instrumente gewünscht, mit denen man sich die Zeit verkürzen und für eine Weile die eigene trostlose Lage vergessen kann.

Dies steht in krassem Gegensatz zu den ersten Spendenaufrufen des Roten Kreuzes im Jahr 1914. Der laute Patriotismus der ersten Jahre macht im Verlaufe des Krieges einer gewissen Hilfslosigkeit auch bei den Daheimgebliebenen Platz. So kann man aus Kostengründen einem kranken Soldaten im Lazarett statt der gewünschten Ziehharmonika lediglich Zigaretten schicken.

Frauen an der Front

Aus dem Bestand des Roten Kreuzes sind auch zahlreiche Fotos überliefert, die die Hilfstätigkeiten an der „Heimatfront“ zeigen. Vor allem Frauen engagieren sich im „Vaterländischen Frauenverein“ für verletzte Soldaten. Die Bahnhöfe der Stadt sind ein zentraler Ort ihrer Hilfstätigkeiten, wie Stadtarchiv-Mitarbeiterin Dr. Andrea Zupancic in ihrem Beitrag beschreibt.

Während das Rote Kreuz und der Vaterländische Frauenverein Spenden für die Truppen und später für die zahlreichen Kriegsgefangenen einwarben, berichten Schulchroniken von der Mobilmachung der ersten Kriegswochen und den darauf folgenden Schlachten. Diese Chroniken der Schulen in Syburg, Derne und Mengede waren offizielle Dokumente, in denen die persönliche Haltung ihrer Verfasser höchstens zwischen den Zeilen mitklingt. Rüdiger Wulf, ehemaliger Leiter des Westfälischen Schulmuseums, wertete sie für seinen Beitrag aus.

In weiteren Beiträgen beschäftigt sich Historiker Rolf Fischer mit der Kriegsteilnahme jüdischer Soldaten, und sein Kollege Klaus Winter schreibt über das Gefallenengedenken der Dortmunder Reinoldi-Gemeinde mittels eines Gedenkbuchs.

Die Zeitschrift des Historischen Vereins für Dortmund und die Grafschaft Mark e. V. in Verbindung mit dem Stadtarchiv Dortmund „Heimat Dortmund – Stadtgeschichte in Bildern und Berichten: … schließe mein Schreiben mit stillen Grüßen – Der Erste Weltkrieg in Dokumenten und Selbstzeugnissen“, 56 Seiten mit ca. 100 z. T. farbigen Abbildungen ist im Klartext Verlag Essen erschienen. Der Band ist für 5 Euro im Buchhandel erhältlich.

Quelle: Stadt Dortmund

 

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