„Bilderfallen: Täuschung, Tarnung, Maskerade „

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Das Key Visual 2019 verwendet eine Fotografie der Künstlerin Desiree Palmen. - Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Desiree Palmen
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Internationales Frauenfilmfestival findet 2019 in Dortmund statt

Das nächste Internationale Frauenfilmfestival Dortmund|Köln findet vom 9. bis zum 14. April in Dortmund statt. Im Fokus der rund 100 Filme aller Genres steht in diesem Jahr das Thema „Bilderfallen: Täuschung, Tarnung, Maskerade „. Veranstaltet wird das Festival unter anderem vom Kulturbüro der Stadt Dortmund.

Die Festivalfilme spielen mit ihrem Publikum ein Versteckspiel. Sie erfordern ein genaues Hinschauen, denn ihre (optischen) Täuschungstechniken wie zum Beispiel Metamorphose und Mimikry lassen mehrere Deutungsebenen zu. Der Umgang mit Ambivalenz umspannt wichtige gesellschaftliche Themen wie ‚blinde Flecken’ der Geschichtsschreibung oder die Exotisierung anderer Kulturen, aber auch die metaphysische Deutung des Körpers durch Verwandlung oder sein Verschwinden.

Herausragend auf diesem Gebiet ist der animierte Film The Man Woman Case von Anaïs Caura. Der surreal gezeichnete, eindringliche Film erzählt den Gerichtsfall von Eugene/Eugenia Falleni aus Sydney – eine der ersten dokumentierten Transgender-Personen des frühen 20. Jahrhunderts – und belebt inhaltlich und formal die Debatte über die zeitgenössische Repräsentation von Geschlechterkultur.

Aus derselben Zeit stammend, aber ganz anders in Ansatz und Ausführung, verläuft die Stummfilm-Komödie Die Republik der Backfische aus dem Jahr 1928, die ausgelassen den weiblichen Widerstand feiert. UFA-Star Käthe von Nagy gibt die junge Argentinierin Billie, die sich allen Erziehungsversuchen eines europäischen Mädchenpensionats widersetzt und auf einer Insel einen eigenen Staat, die „Republik der Backfische“ gründet. Männer sind dort nicht willkommen.

Eine Bilderfalle schnappt dann zu, wenn die Zuschauer*innen das Gezeigte als bare Münze nehmen. The Watermelon Woman war der Name der sagenumwobenen schwarzen, lesbischen Schauspielerin Fae Richards. Cheryl Dunye begibt sich in ihrem Debüt von 1997 auf Spurensuche nach dem vergessenen Star der 1930er Jahre. Ihre Entdeckungen sind so plausibel, dass es lange dauert, bis einem dämmert, dass sie Dunyes Vorstellungskraft entspringen. Ein Meisterwerk in Sachen ‚rewriting herstory’. Auch die renommierte US-amerikanische Filmemacherin Jennifer Reeder führt ihre Zuschauer*innen aufs Glatteis: Sind ihre Figuren nur das, was sie vorgeben zu sein? Ist diese Handlung wirklich der einzige Erzählstrang der Geschichte? KNIVES AND SKIN ist ein Thriller, der vorgibt ein klassisches Genre zu verfolgen, sich aber als feministischer, surrealer Sci-Fi entpuppt.

Futuristisch geht es auch im Café Kosmaos zu, ein Projekt, dass gemeinsam mit Interkultur Ruhr in Dortmund und in Kooperation mit der Akademie der Künste der Welt in Köln präsentiert wird. Amateurfilmer*innen aus dem Ruhrgebiet der 1950er bis 80er Jahre haben ihren Alltag festgehalten: Welche Positionen nehmen die Frauen in diesem Geschehen ein? Die Spanne reicht von subversiv entfesselten Szenarien im Partykeller bis zum inszenierten Standardtag der heterosexuellen Kleinfamilie. Unter dem Stichwort Bilderfallen ist dies eine neue Annäherung an die Geschichte des Ruhrgebiets.

Blinde Flecken in der deutschen Geschichtsschreibung erforscht auch Barbara Metselaar-Berthold mit ihrem Dokumentarfilm Audienzen – Strategien der Selbstbehauptung. Geschichte ist nach wie vor sehr westdeutsch geprägt und eine Geschichtsaufarbeitung aus ostdeutscher Sicht ist dringend nötig. Metselaar-Berthold nähert sich den Biografien der Dokumentar-Fotografinnen Evelyn Richter und Ursula Arnold an, die beide Anfang der 1950er Jahre in Leipzig studiert hatten und im Zuge der stalinistischen Doktrin unter diverse Zwänge und Beschränkungen gerieten. Diesem Druck begegneten die Freundinnen sehr unterschiedlich.

Gerade in Deutschland ist eine Auflockerung von gegensätzlichen Ordnungsstrukturen an der Zeit. – Dr. Maxa Zoller, Leiterin des Festivals

In Der zweite Anschlag von Mala Reinhardt schildern Betroffene von rechtsradikaler Gewalt in Deutschland die traumatischen Erlebnisse, die sie und ihre Familien – auch durch die mangelhafte Aufarbeitung in den Jahren danach – durchleben mussten. Das Erzählen und Erinnern nach langem Schweigen wird zu einem Akt der Selbstermächtigung und des politischen Handelns.

Mit dem Thema „Bilderfallen“ hinterfragt das Festival die Wahrhaftigkeit von „Original“ und „Kopie“, von dem was wir als „echt“ und als „falsch“ bezeichnen. „Der Glaube an Authentizität schafft starre Hierarchien“, so Dr. Maxa Zoller, Leiterin des Festivals. „Gerade in Deutschland ist eine Auflockerung von gegensätzlichen Ordnungsstrukturen an der Zeit. Deutschland steht bei der Diskussion um die soziale und kulturelle Bedeutung von Geschlechtervorstellungen, und damit allgemein um den Begriff der Diversität, europaweit nur im Mittelfeld.“

Als internationales Festival möchte das IFFF Dortmund | Köln einen globalen Blick in die Vielfalt dieses Themas bieten, um verhärtete Strukturen aufzuweichen und Raum für Neues zu schaffen.

Internationales Frauenfilmfestival Dortmund/Köln

Quelle: Stadt Dortmund

 

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