MO Kunstpreis 2018 geht an Lili Fischer

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Von links: Kuratorin Natalie Calkozan, Edwin Jacobs (Direktor des Dortmunder U und des MO), Künstlerin Lili Fischer. Antje Utermann-Funke (Geschäftsführerin der Freunde des Museums Ostwall) und Dr. Nicole Grothe, Kuratorin und Leiterin der Sammlung des MO. - Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Dortmund-Agentur / Roland Gorecki
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Ausstellung „Schnakengeist“ im Dortmunder U zu sehen

Die Freunde des Museum Ostwall (MO)haben ihren Kunstpreis „Follow me Dada and Fluxus“ an die in Hamburg lebende Künstlerin Lili Fischer vergeben. Fischer nahm den Preis am Sonntag, 16. Dezember, im Museum entgegen. Verbunden mit der Preisvergabe, kauft das MO eines ihrer Werke an und präsentiert bis zum 31. März im MO Schaufenster die Ausstellung „Schnakengeist“.

Der MO Kunstpreis „Follow me Dada and Fluxus“ ist mit 10.000 Euro dotiert und wurde nun zum fünften Mal vergeben wird.

Mit der Verleihung des MO-Kunstpreises durch die Freunde des Museums Ostwall ist der Ankauf eines Werks verbunden, das die große Museumssammlung im Bereich „Dada, Fluxus und die Folgen“ bereichert. Die Neuanschaffung wird zusammen mit anderen Arbeiten der Künstlerin in der Ausstellung „Schnakengeist“ im MO-Schaufenster zu sehen sein, die am 16. Dezember, um 11:00 Uhr, bei der festlichen Preisverleihung im Museum Ostwall eröffnet wurde. Die Ausstellung ist bis 31. März 2019 im MO Schaufenster zu sehen.

Feldforschung in Kunst übertragen

Die Ausstellung wurde kuratiert von Dr. Nicole Grothe, Leiterin der Sammlung, sowie Natalie Calkozan. Klaus Fehlemann, Vorsitzender der Freunde des Museums Ostwall, ist glücklich über die Wahl der Jury: „Neben der künstlerischen Einmaligkeit ist Lili Fischer jetzt die erste Frau unter den MO-Kunstpreisträgern. Wir sind uns Ende der 60er-Jahre oft in der der HbK Hamburg begegnet. Sie hat nie eine Unterscheidung zwischen Arbeit, Leben und Kunst gemacht. Ein glücklicher Umstand für uns: In der Hamburger Kunsthalle hat die Künstlerin zurzeit eine Einzelausstellung.“

Zu Lili Fischers künstlerischen Ausdrucksweisen zählen Zeichnung, Fotografie, Drehbücher, Performance und Objektkunst. Ihre Kunst entstand in den 70er-Jahren im Kontext von Happening, Fluxus, Performance und Spurensicherung. Damals übertrug sie das Konzept der Feldforschung in ihre Kunst, in dem sie sich beobachtend, notierend, zeichnend, sammelnd und kategorisierend der Natur näherte und so künstlerisch umsetzte. Von 1994 bis 2013 war sie Professorin für Performance und Feldforschung an der Kunstakademie in Münster.

Lili Fischer hat nie eine Unterscheidung zwischen Arbeit, Leben und Kunst gemacht. – Klaus Fehlemann, Vorsitzender der Freunde des MO

Lili Fischer erklärt zu ihren Arbeiten: „Alles beginnt bei mir mit dem Zeichnen …, eine tote Schnake auf dem Zeichenpapier, Tinte und Feder, eintauchen, Linien ziehen … aus den Linien werden Schrift, Luftströmungen, Flugbewegungen, Proportionsstudien … und im Kopf wächst die Schnake ins Überdimensionale bis zur Menschengröße“.

In der Ausstellung ist die Werkgruppe „Schnaken“ u.a. mit Objekten, Federzeichnungen und Tafeln zu sehen. Die Ausstellung trägt zudem installative Züge: Die Schnaken-Objekte können die Beine beliebig nach allen Seiten ausrichten – das ermöglicht eine Fülle räumlicher und rhythmischer Positionen.

Lili Fischer in der Ausstellung im MO Schaufenster

Schnaken als grazile Wesen

Im Mittelpunkt der Ausstellung im MO Schaufenster steht die Schnake, die andernorts auch als Schneider, Schuster oder Schnegger bezeichnet wird. Die Schnake, die aus der Familie der Zweiflügler stammt und zumeist als lästig empfunden wird, erfährt im Alltag nur wenig Beachtung. Betrachtet man jedoch die zeichnerischen Studien von Lili Fischer, offenbart sich die vermeintlich schlichte Schnake als graziles und fast tänzerisches Wesen.

In der Ausstellung sind sowohl Schnaken-Objekte als auch zeichnerische Studien zum Verhalten der Tiere zu sehen. Die Zeichnung als Forschungsinstrument nimmt dabei eine wichtige Position ein. Sie dokumentiert, skizziert, visualisiert Ideen und Gedanken.

„Feldforschung“ bezeichnet das Forschen im natürlichen Lebensraum einer Gruppe mit dem Zweck, Daten zu gewinnen. In diesem Sinne widmet sich Lili Fischer aufmerksam und unter interdisziplinären Gesichtspunkten ihrem Forschungsobjekt. So stellt sie etwa fest, dass der Körperaufbau des Insekts in seinen Proportionen Parallelen zu Taktverhältnissen in der Musik aufweist. Die auf schwarzem Karton mit zerrissenem Japanpapier gelegten Schnakengeister, die wie Röntgenaufnahmen anmuten, veranschaulichen zusätzlich die Zartheit und Feingliedrigkeit dieser Wesen.

Arbeiten aus dem Projekt „Mitgift und Beziehungskiste“

Auch gesellschaftliche Konventionen und Traditionen hinterfragt und offenbart Fischer forschend. So erfährt das klassische Rollenverhältnis von Mann und Frau im Projekt „Mitgift und Beziehungskiste“ aus den 80er Jahren eine künstlerische Aufarbeitung, indem sowohl alte Bräuche wie auch gegenwärtige Stereotypen auf kreative und partizipative Weise thematisiert werden. In einem kleinen Block zeigt die Ausstellung auch einige Arbeiten aus diesem Projekt. Dabei handelt es sich um Zeichnungen zu Performances der Künstlerin.

Auch in Installationen und partizipativen Performances taucht das zeichnerische Element wieder auf – in Form von Drehbüchern mit Anweisungen und Bewegungsabläufen zu künstlerischen Darstellungen wie „Besentanz“ oder „Waschlappendemo“, mit der die Künstlerin 1987 auf der „Documenta 8“ vertreten war, wieder auf.

Lili Fischer wurde 1947 in Priwall bei Travemünde geboren und lebt heute in Hamburg. Sie studierte an der Hamburger Hochschule für bildende Künste bei Dietrich Helms, Gotthard Graubner und Franz Erhard Walther. Ergänzend zu ihrem Studium als Kunsterzieherin promovierte sie an der Universität Hamburg. Seit 1980 lehrte sie an Universitäten und Akademien in Essen, Mainz, Kassel, Frankfurt/Main und Berlin und war von 1994 bis 2013 Professorin für Performance/Feldforschung an der Kunstakademie in Münster.

Museum Ostwall

Lili Fischer

Quelle: Stadt Dortmund

 

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