Heizen mit Abwasser – OB Sierau weiht erstes Aquathermie-Projekt in Dortmund ein

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Am Montag, 17. Dezember, weihten Oberbürgermeister Ullrich Sierau (rechts) und Uli Paetzel (links), Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, das erste Aquathermie- Projekt in Dortmund ein – eine Premiere! - Bild (Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Oliver Schaper
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Was hat der Seniorenwohnsitz in Scharnhorst mit dem Élysée-Palast in Paris gemeinsam? Wenn es innen schön warm ist, kommt die Heizenergie aus dem Abwasserkanal. Am Montag, 17. Dezember, weihten Oberbürgermeister Sierau und Uli Paetzel, Lippeverband, das erste Aquathermie-Projekt in Dortmund ein.

Ab sofort heizt man im Seniorenwohnsitz Westholz mit der Abwasserwärme des angrenzenden Kanals Kirchderner Graben. Die Firma Betrem Emscherbrennstoffe und die Städt. Seniorenheime Dortmund realisierten den Umbau in den letzten Monaten, der als kommunales Klimaschutz-Modellprojekt durch das Bundesumweltministerium ausgezeichnet worden ist.

„Wir haben in Dortmund das ehrgeizige Ziel, bis 2020 eine CO2-Einsparung von 40 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen“, erinnerte Oberbürgermeister Ullrich Sierau. „Dazu kann auch die Aquathermie einen wichtigen Beitrag leisten. Darum begrüßen wir es in Dortmund, die Abwärme aus den großen Kanälen des Lippeverbands nutzbar zu machen. Das Dortmunder Umweltamt hat gemeinsam mit dem Verband den Umbau des Heizsystems initiiert. Nicht nur die Mitarbeiter hoffen jetzt auf viele Nachahmer. Das Projekt ist ein weiteres Beispiel für die starke kommunale Partnerschaft zwischen dem Lippeverband und der Stadt Dortmund.“

„Wärme aus Abwasserkanälen ist die Zukunft“

Der Umbau des Heizsystems macht sich bezahlt: Bis zu 58 Prozent Energieeinsparung sind für den Wohnsitz Westholz des Betreibers Städtische Seniorenheime Dortmund (SHDO) realistisch. „Den Wärmebedarf nicht aus fossilen Brennstoffen, sondern regenerativ aus benachbarten Abwasserkanälen zu gewinnen – das ist die Zukunft!“, ist Uli Paetzel überzeugt. Der Chef des Lippeverbandes betonte, dass ein „Energieschatz“ direkt vor der Haustür läge: „Man benötigt Abwasserkanäle und technisches Know-how. Wir bringen beides mit.“ Der Umbau des Kirchderner Grabens durch den Lippeverband sei ein gutes Beispiel für einen positiven regionalwirtschaftlichen und städtebaulichen Effekt, den wasserwirtschaftliche Projekte mitbrächten.

Senioren freuen sich auf renaturierten Bachlauf

Martin Kaiser, Geschäftsführer der SHDO, freute sich nicht nur über die zukünftig geringeren Heizkosten für den Wohnsitz mit 80 Pflegeplätzen: „Das erste Aquathermie-Projekt in Dortmund zu sein, ist schon eine besondere Sache. Austausch wird in unseren Häusern großgeschrieben. Der Austausch von Abwasser und Wärme stand dabei bislang zwar nicht im Fokus, aber wir begrüßen ihn.“

Durch die Trennung von Abwasser und Oberflächenwasser am Kirchderner Graben, dank der das Abwasser in eine unterirdische Kanalröhre verbannt wurde, können sich die Senioren bald über einen renaturierten Bachlauf in Gartennähe freuen. Im Frühjahr 2021 sind die Arbeiten voraussichtlich abgeschlossen.

„Energie aus Abwasser wird unterschätzt“

„Der Umbau von Heizsystemen lohnt sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch“, erklärte Dagmar Dörtelmann, Geschäftsführerin der Betrem. Während Energie aus Sonne, Wind oder dem Erdreich heute als regenerative Energieformen bekannt seien, sei die Energiegewinnung aus Abwasser bislang unterschätzt worden: „Dabei besitzt gerade das dichtbesiedelte Ruhrgebiet ein unvergleichlich enges Netz an Kanälen und die Einrichtung der Wärmeanlagen ist im Vergleich zu Geothermie günstig.“

Wärmetauscher im Kanal sind 72 Meter lang

Doch wie funktioniert sie, die Energie aus dem Abwasserkanal? Abwasser – also Dusch-, Spül- oder Waschwasser – verlässt Haushalte mit einer durchschnittlichen Temperatur von 25 Grad. Durch die gute Isolierung des Erdreichs hält sich die Temperatur des Abwassers konstant zwischen 20 und 10 Grad. Transportiert ein Abwasserkanal ausreichend viel Wasser und liegt in der Nähe der Immobilie ist eine Nutzung gut umsetzbar.

In Scharnhorst hat die Betrem dazu Wärmetauscher auf 72 Metern Länge im Kanalrohr installiert. Diese übertragen die Wärme auf einen Wasserkreislauf, der über Erdleitungen in den Heizraum des Seniorenwohnsitzes geführt wird. Zwei Wärmepumpen heben die Temperatur des Wassers auf die Vorlauftemperatur der Heizung und transportieren die Wärme in die Zimmer.

Co2-Reduzierung bis 68 Prozent

„Aquathermie leistet einen bedeutsamen Beitrag zur dezentralen und klimafreundlichen Energieversorgung und bringt eine CO2-Reduzierungen bis zu 68 Prozent“, so Dagmar Dörtelmann. „Wir müssen uns fragen, welche Welt wir der nächsten Generation hinterlassen“, ergänzte Mitgeschäftsführer Raimund Echterhoff: „Lippeverband und Betrem stehen für nachhaltige Projekte, die wegweisende Modelle für Nachahmer sind. Wir sehen: Das System Abwasserwärme funktioniert in Dortmund genauso hervorragend wie in Paris.“

Seit Juni 2018 führt der Lippeverband die ökologische Verbesserung an der größten und letzten ehemaligen „Köttelbecke“ im Dortmunder Norden durch – dem Kirchderner Graben. Sauberes Wasser fließt bereits heute dort, in dreijähriger Bauzeit werden die Sohlschalen herausgeholt und eine naturnahe Gewässertrasse angelegt. Mitte 2021 soll die Umgestaltung von 5,3 km Gewässerstrecke abgeschlossen sein. In die ökologische Verbesserung werden rund 12,6 Mio. Euro investiert.

Zahlen und Fakten Auquathermie am Standort Westholz (Stand 1. November 2018)

  • Wärmebedarf Wohnsitz Westholz: 834.000 kWh
  • Deckung Warmwasserbedarf: 80 Prozent
  • Deckung Heizwärmebedarf: 70 Prozent
  • Einsparung CO2: 132 t/a (63 Prozent)
  • Energieeinsparung: 58 (Prozent)
  • Entfernung Abwasserkanal: 100 Meter
  • Durchmesser Kanal: 1,60 Meter
  • Wärmetauscher: 72 Meter

Das Vorhaben wurde durch das Umweltamt der Stadt Dortmund und den Lippeverband initiiert. Die Umsetzung erfolgte durch die Projektpartner Betrem Emscherbrennstoffe GmbH und die Städt. Seniorenheime Dortmund gemeinnützige GmbH. Der Umbau wurde als kommunales Klimaschutz-Modellprojekt durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) gefördert.

Quelle: Stadt Dortmund 

 

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