Happy birthday, Grundschule: Westfälisches Schulmuseum erinnert an Gründung vor 100 Jahren

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Das Foto einer Wittenberger Grundschulklasse aus dem Jahr 1930Bild(Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Westfälisches Schulmuseum 
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Die Grundschule wird 100: Seit dem Jahr 1919 existiert sie als eigenständige Schulform. Das Westfälische Schulmuseum in Marten erinnert nun in zwei Vitrinen an eine Institution, die die Demokratisierung im Schulwesen einläutete.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Wunsch nach einer deutschen Einheitsschule laut. Die Weimarer Verfassung von 1919 legte es dann in Artikel 146 fest: Alle Kinder, unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen oder der gesellschaftlichen Stellung der Eltern, sollten vier Jahre lang gemeinsam unterrichtet werden. Die allgemeine Grundschule war damit der erste Ansatz zur Demokratisierung der Schule; die klassengesellschaftliche Gliederung wurde aufgegeben.

Ziel, Lehrplan und Arbeitsweise der Grundschule wurden 1926 in den Ausführungsbestimmungen des Reichsinnenministeriums so festgelegt: „Diese vier ersten Schuljahre haben ein eigenes Ziel und ein einheitliches Arbeitsgebiet. Ihr Ziel ist die allmähliche Entfaltung der kindlichen Kräfte aus dem Spiel- und Bewegungstrieb zum sittlichen Arbeitswillen, der sich innerhalb der Schulgemeinde betätigt… So ergibt sich ein Gesamtunterricht als Unterbau, der sich allmählich gliedert in heimatkundlichen Sachunterricht mit Ausdrucks- und Arbeitsübungen, Sprachunterricht, Rechnen, Gesang, Zeichnen, Turnen, Werkunterricht.“

Im Schulmuseum finden sich aus dieser Zeit der 1920er Jahre eine Fingerrechenmaschine, ein Lederetui, eine Schiefertafel mit Schwammdose und Griffeln, ein Griffelkasten, Schreibfedern und ein Lesekasten.

Grundschule und Reformpädagogik 

Die Reformpädagogen verurteilten die bislang einseitige intellektuelle Ausrichtung und den autoritären Unterricht. Sie setzten auf eine an kindlichen Bedürfnissen orientierte Pädagogik und das „Arbeitsschulprinzip“: Es besagt, dass die Selbsttätigkeit und Aktivität des Schülers für seine gesunde Entwicklung notwendig seien. Dazu gehörten praktische Handarbeit, aber auch geistige Selbsttätigkeit. Zeitgenössische Bücher über die Reformpädagogik sind Teil der Ausstellung.

Das Bild einer Fingerrechenmaschine aus den 1920er Jahren, die im Westfälischen Schulmuseum ausgestellt ist.Bild(Bildlizenz/Fotograf/Grafiker): Westfälisches Schulmuseum

Die Fibeln der Grundschule

„Die Fibeln der 1920er Jahre – einige davon sind in der Ausstellung zu sehen – basierten erstmals auf kindlichen Erfahrungen und verwendeten farbige, ausdrucksstarke Bilder“, sagt Michael Dückershoff, Leiter des Schulmuseums. Die Welt des Spiels und der kindlichen Phantasie nahm einen breiten Raum ein, es dominierte ein gemüts- und gefühlsbetonter Grundtenor.

Die Nationalsozialisten missbrauchten die Fibel für propagandistische Zwecke. Embleme und Symbole wurden als ständig gegenwärtig dargestellt. In der Fibel „Pimpf und Küken“ (1934) wurde zur Schreiblehre eine an Runenzeichen anlehnende Steinschrift gewählt. Die Kinder lernten, ihre Interessen unter die der „Volksgemeinschaft“ zu stellen. Zu sehen sind Pimpfe, die sich begeistert dem Marsch der Soldaten anschließen. Die Grundschule war ein wichtiger Faktor im durchorganisierten Erziehungssystem.

Die Grundschule nach 1945

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sicherte nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin das Monopol der staatlichen, vierjährigen Grundschule und sah von einer Reformierung ab. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg erhöhten die Grundschulzeit auf sechs Jahre, wobei in Hamburg der Übergang auf Realschule oder Gymnasium schon nach vier Klassen möglich ist. In der DDR wurde 1946 die achtjährige Grundschule eingeführt, die 1959 von der zehnklassigen, allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule abgelöst wurde.

Die Fibeln nach 1945

Die ersten, noch militärbehördlich genehmigten Neuausgaben der Fibeln nach 1945 standen in Aufmachung und Gestaltung ganz im Stil der Weimarer Grundschularbeit, in Abkehr von den ideologisierten und politisierten Fibeln des Dritten Reichs. Lebensnähe und Erfahrungsbezug wurden (wieder) zu pädagogischen Grundsätzen. Fraktur und Sütterlin wurden abgesetzt, die lateinische Ausgangsschrift gebräuchlich.

Nach Ende der 1960er Jahre erschienen Fibeln in hochwertiger und aufwendiger Aufmachung mit farbigen Grafiken und Fotografien. Leuchtende Farben, lebensfroh-lustige, aber auch sachlich-informative Abbildungen appellierten an den kindlichen Lerneifer.

Westfälisches Schulmuseum
An der Wasserburg 1
44379 Dortmund
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 10:00 – 17:00 Uhr
Montags geschlossen
In den Sommerferien geschlossen

Quelle: Stadt Dortmund

 

 

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